Salzburg: Neuaufstellung als Bier-Hochburg
11.04.2015 | 11:57 | Daniela Müller
(Wirtschaftsblatt)
Bier
stand zu lange im Schatten des Weines, finden Salzburgs Brauer. Nach Rückgängen
beim Ausstoß setzen die Brauereien nun auf neue Inszenierungen und folgen dem
Trend zu Spezialbieren.
Der regnerische Sommer des Vorjahres hat mancher
Salzburger Brauerei die Zahlen verwässert. Österreichweit ist der Bierausstoß
2014 um 0,6 Prozent auf 8,49 Millionen Hektoliter zurückgegangen, in Salzburg
war der Rückgang deutlich stärker, heißt es beim Brauereiverband. Genaue Zahlen
geben der Verband und die großen Brauereien Stiegl und Trumer allerdings nicht
bekannt. Aus dem Hofbräu Kaltenhausen wird nun gemeldet, dass seit Jahresanfang
die Biernachfrage sprunghaft gestiegen ist.
Doch nur auf das Produkt Bier will man in
Salzburg schon lange nicht mehr setzen. Hier entsteht mit Bier gerade ein
Gegenentwurf zur süd- und ostösterreichischen Weinkultur. Von den 8,49
Millionen Hektolitern, die in Österreich produziert werden, kommen immerhin
zwölf Prozent aus Salzburg. Zum Vergleich: Der Ausstoß aus dem Bierland
Oberösterreich beträgt mit 16 Prozent nur geringfügig mehr.
Neue Inszenierung
Um die Bierkultur weiter zu stärken, sucht jede
Brauerei nun nach der bestmöglichen Inszenierung für ihre Produkte. Das
Handwerk des Bierbrauens wird immer öfter zelebriert. Stiegl, Trumer und
Hofbräu Kaltenhausen bieten Brauereiführungen, um Bier „erlebbar“ zu machen. In
Kaltenhausen ist die sechste Biersommelier-Ausbildung seit Ende 2013
ausgebucht, immer mehr Privatpersonen sind bereit, dafür 1000 € Kursgebühr zu
bezahlen. Zudem hat sich die Arge Bierkultur – eine Kooperation der Brauereien
Augustiner, Gusswerk, Kaltenhausen, Stiegl, Trumer und Die Weisse – mit dem
Tourismus Salzburg zum Ziel gesetzt, alles zum Thema Bier sowie Salzburg als
Bierhauptstadt touristisch zu vermarkten.
Aktuell zeichnet sich auch ein weiterer Biertrend
in Salzburg ab: Mit Reinhold Bartas Kreativität hat sich die Gusswerk-Brauerei
als ein Antreiber der heimischen Craftbeer-Szene etabliert. Experimentell und
handwerklich gebraute Biere sollen dabei ein Gegengewicht zur industriellen
Konkurrenz schaffen.
Es wagen sich zudem immer mehr Gastwirte an die
Bierherstellung: Gab es 1980 nur sieben Gasthausbrauereien in Salzburg, stieg
2013 die Zahl auf 21. Darunter ist Robert Eder, der in Bruck an der
Glocknerstraße seit 2007 sein Kohlschnait-Bier braut – aus Interesse, und weil
eine Kostenrechnung klar für das eigene Bier spricht. Im ersten Jahr habe er in
seinem Gasthof rund 90 Hektoliter Selbstgebrautes verkauft, pro Jahr stieg das
Volumen um zehn Prozent. Bedarf wäre auch für größere Mengen da, sagt er. Und
die Gäste seien bereit, dafür mehr zu bezahlen.
Sortimentserweiterung
Gut vom Bierverkauf lebt auch Christine Keil. Vor
zwei Jahren hat sie den Onlineversand Bottle Shop gegründet. Weil das Geschäft
so gut läuft, betreibt sie seit Februar am Salzburger Mirabellplatz ein Lokal.
240 Craftbeer- und Cidersorten sind erhältlich. Keil denkt aber schon an eine
Erweiterung auf 400 Sorten. Ihre Kunden beschreibt sie als „Studenten oder
weltoffene Menschen, 35 aufwärts“, die im Zeitalter der Nachhaltigkeit auch die
Handwerkskunst des Brauens wieder stärker wertschätzen und bereit sind, dafür
Geld auszugeben.
Mit einem Umsatz von 68 Millionen € im Jahr 2013
ist Stiegl die größte Brauerei in Salzburg. Das Unternehmen hat sich vor zwei
Jahren neu ausgerichtet und den Fokus auf Diversifikation gelegt, das Sortiment
wuchs auf 20 Sorten. Seit Kurzem verkauft die Brauerei aber nun sogar Mode,
hergestellt in Europa und zum Teil von Halleiner Modeschülern entworfen.
Bei Trumer konzentriert man sich auf die
Pilsproduktion. Während die Nachfrage nach Radler zuletzt eher gesunken ist,
wurden Leichtbiere immer beliebter, sagt Trumer-Chef Seppi Sigl. In
Kaltenhausen wird die Produktion von Weißbieren eingestellt, stattdessen komme
nun ein Pale Ale ins Sortiment, sagt Katharina Wielend von Hofbräu
Kaltenhausen. Craftbeer, das dort als Limited Edition angeboten wird, könne
man aber stets mehr verkaufen, als vorhanden sei.
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